„Hey Google, wann geht der nächste Zug nach München?“ – „Nimm von Schechen die RB in Richtung Rosenheim. Die Abfahrt ist in einer Stunde und 18 Minuten. Steige in Rosenheim auf Gleis 3 um in den Meridian 221 nach München.“
„Hey Siri, wann ist mein nächster Termin?“ – „Dein nächster Termin ist um 13 Uhr 30.“
Für mich ist es selbstverständlich geworden, mit meinen persönlichen digitalen Assistenten zu sprechen. Es ist so einfach und bequem. Google Assistant und Siri sind ja auf meinem Smartphone installiert. Texte in den Suchschlitz des Browsers eingeben? Viel zu umständlich. Und zu langsam. Ok, Siri ist verglichen mit Google manchmal etwas begriffsstutzig, sie versteht nicht, was ich eigentlich meine. Trotzdem wird die KI dahinter immer besser, das merke ich.
Die Suche verändert sich
Spracheingaben – Voice – und digitale Assistenten verändern unseren Umgang mit digitalen Medien radikal. In diesem neuen „Internet of Voice“ kommunizieren wir mit Maschinen anders als im gewohnten „alten“ Internet, dessen sinnfällige Erscheinung in einer Tastatur als Eingabe- und einem Bildschirm als Ausgabegerät besteht. Wenn wir in diesem Internet etwas suchen, dann beschränken wir uns beim Eintippen meistens auf aneinander gereihte Schlüsselwörter, zum Beispiel „DB Fahrplan München“. Zum einen weil das Schreiben Arbeit macht, zum anderen weil wir die „Schlüsselwortsprache“ gewohnt sind. Früher, als Google & Co. noch nicht so gut wie heute waren, mussten wir so mit Suchmaschinen kommunizieren, damit sie uns zufriedenstellende Antworten gaben. Heute werden Suchanfragen infolge der Verbreitung von Voice immer länger und komplexer. Sie nähern sich immer mehr der natürlichen Sprache an. Mittlerweile kommunizieren wir im Internet der Stimme mit Automaten (beinahe) schon so, wie wir es mit Menschen aus Fleisch und Blut gewohnt sind.
Massenweise Verbreitung hilft der KI beim Lernen
Möglich macht das die Künstliche Intelligenz, die hinter jedem digitalen Assistenten steckt. Genauer gesagt die NLU (Natural Language Understanding). Diese KI-Einheit geht weit über die reine Spracherkennung hinaus. Sie ergründet Sinn und Kontext einer Anfrage, also die eigentliche Absicht, die hinter den Worten des Nutzers steckt. Sie ergründet seinen Intent. Je weiter eine solche KI über Geräte wie Smartphones und displaylose Voice-Assistenten verbreitet und je häufiger sie von Menschen genutzt wird, desto mehr „Stoff“ bekommt sie zum Lernen. Auf diese Weise wird sie im Lauf der Zeit immer „schlauer“. Aktuell schneidet Google Assistant beim jährlichen „IQ-Test für Digitale Assistenten“ am besten ab. Unter seiner Haube verarbeitet und interpretiert die NLU Dialogflow alle Nutzeranfragen.
„Immer mehr Menschen nutzen digitale Assistenten zum Suchen und Einkaufen. Die zentrale Frage für Unternehmen lautet: Werde ich bei einer Voice-Suche gefunden, existiere ich in diesem neuen digitalen Universum meiner Kunden?“
Was zeichnet das Internet of Voice aus?
- Wie der Name schon besagt kommen hier keine Texteingaben vor; die Nutzer holen per Spracheingabe Auskünfte ein.
- Die Antwort wird nicht zwingend, höchstens ergänzend, auf einem Bildschirm ausgegeben, etwa im Browser eines Smartphones; die direkte Antwort auf die Frage kommt aus den Lautsprechern von Geräten wie Alexa Echo oder Google Home.
- „Direkt“ bedeutet auch: Der Fragende bekommt nicht Suchergebnisseiten mit bis zu zehn (organischen) Einträgen in einem Browserfenster angezeigt, sondern nur wenige oder gar nur eine einzige gesprochene Antwort.
- Die Anzahl der gesprochenen Antworten hängt vom Intent ab, der hinter der Frage steckt. Wer Alexa fragt: „Wo kann ich Hafermilch kaufen?“ – das ist eine Frage mit einer Kaufabsicht – , bekommt zurzeit bis zu vier Vorschläge genannt. Wenn ich aber wissen möchte: „Was ist eine NLU?“ – das ist eine informationsgetriebene Suche – bekomme ich eine gesprochene Erklärung.
- Man kann per Spracheingabe nicht nur suchen, sondern gleich im Anschluss auch Produkte kaufen. Bei Amazon ist der gesamte Kaufprozess, angefangen von der Produktsuche über die Lieferung und Bezahlung digital abgebildet. Mit Alexa können Kunden bequem von daheim aus shoppen, ohne einen Schritt vor die Tür zu gehen. Unter anderem deswegen gehört Amazon zu den Gewinnern der Coronakrise.
Was bedeutet das für Unternehmen?
Wenn immer mehr Menschen digitale Assistenten zum Suchen und/oder Einkaufen nutzen, ist das für alle Unternehmen relevant. Die zentrale Frage lautet: Komme ich in diesem neuen digitalen Universum meiner Kunden vor oder nicht? Werde ich bei einer über Voice ausgelösten Suchanfrage überhaupt gefunden? Und selbst wenn das gegeben ist, was passiert dann? Werden dem (potenziellen) Kunden weitere Kontakt- und Dialogmöglichkeiten angeboten? Oder gar schon eine direkte Möglichkeit zum Einkauf? Die Präsenz in Voice geprägten Kanälen wird über kurz oder lang zu einem entscheidenden Konkurrenzfaktor. Und genau deswegen ist es jetzt an der Zeit, sich mit Chatbots, Sprachassistenten und Voice zu beschäftigen.
„Wir warten erstmal ab!“
Mit dieser Einstellung werden Unternehmen im sich rasch verbreitenden Internet der Stimme wahrscheinlich nicht weit kommen:
- Zum einen wird der Druck auf Konsumentenseite zunehmen. Wer einmal erlebt hat, wie bequem es ist und wie viel Zeit man einspart, wenn man seine To-Dos mit Sprachbefehlen auf dem Smartphone erledigt, möchte seine Dinge am liebsten nur noch so erledigen – natürlich auch im Kontakt mit seinem Energieversorger.
- Wird man selbst nicht aktiv, wird einem die Konkurrenz schon bald vormachen, wie sie Kunden in diesem neuen Internet der Stimme etwas bietet – sei es im Kundenservice oder im Vertrieb. Da heißt es Schritt halten, mindestens; besser, man ist einen Schritt voraus.
- Last but not least versagt bei KI-Anwendungen die beliebte Strategie, erst die Konkurrenz die Fehler machen zu lassen, um dann die besten Lösungen zu kopieren und für sich zu adaptieren. Die Aufbereitung der Informationen, die Modellierung des Wissens für die speziellen Use Cases ist in der Regel sehr individuell. Jedes Unternehmen muss hier seine eigenen Erfahrungen machen – so wie jede KI ihre eigene Lernkurve durchlaufen muss. Ein Training draußen an der Kundenfront ist durch nichts ersetzbar und nicht kopierbar.
Wie komme ich als Unternehmen an den Start?
Alles schön und gut, aber wie gelingt der Einstieg in diese neue digitale Welt denn nun praktisch? Wie und wo kann ich zum Beispiel Chatbots in meinem Unternehmen nutzen? Wie komme ich ins Internet of Voice, wie baue ich dort eine Präsenz auf?
Hier zwei mögliche Szenarien, mit denen Sie starten könnten:
- Einen KI gestützten FAQ-Chatbot für den Kundenservice etwa, der immer wiederkehrende Kundenanfragen automatisiert beantwortet, bekommen Sie schon in wenigen Wochen an den Start. Die Technologie dahinter ist zigfach erprobt. Die Inhalte, also Ihre Antworten auf die Kundenanfragen, können sie per CMS selbst managen. Ein solcher Bot ließe sich in einer zweiten Projektphase auch als zusätzliches Angebot in die Warteschleife Ihrer Service-Hotline integrieren. Im Unterschied zur sonst üblichen Web-Integration kommunizieren Kunde und Bot dann nicht über geschriebene Texte, sondern über Sprach Ein- und ausgaben.
- Den Einstieg in eine Präsenz bei Alexa oder Google Home schaffen Sie mit einem einfachen, nützlichen Use Case für Ihre Kunden. Wenn Sie etwas passendes gefunden haben, melden Sie diesen als Skill bei Alexa beziehungsweise als Google Action bei Google an. Lernen Sie dann, was Ihre Kunden fragen und wie sie fragen. Hier auch wichtig zu wissen: Sowohl Amazon als auch Google haben strenge Vorschriften, was den „Invocation Name“, der einen Skill beziehungsweise eine Action auslöst, betrifft. Längst nicht alles ist zulässig. Kein Name wird doppelt vergeben, wer hier zuerst kommt, mahlt zuerst!
Starten Sie jetzt. Und zwar in dem Bewusstsein, dass am Anfang wahrscheinlich nicht alles perfekt sein wird. Haben Sie auch den Mut Fehler zu machen, denn daraus kann man lernen. Wenn Sie erstmal ins Rollen gekommen sind, ergeben sich die nächsten Schritte schon von selbst. Wir unterstützen Sie dabei gern.
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