Wie über Nachhaltigkeit reden – in Zeiten der CSRD-Pflichten? | trurnit Blog

Wie über Nachhaltigkeit reden – in Zeiten der CSRD-Pflichten?

Glasfassade eines Bürogebäudes mit Bäumen davor

Ende Juli sind die Würfel gefallen: Jetzt stehen auch die Standards fest, entlang derer die großen berichtspflichtigen Unternehmen künftig über ihr Nachhaltigkeitsengagement Zeugnis ablegen müssen. Die Publikation über nachhaltiges Wirtschaften, über Strategie, Ziele und Pläne folgt damit einem strengen Regelwerk. Was heißt das für eine ganzheitliche Kommunikation über Nachhaltigkeit? Ist sie nun ein für alle Mal in fest gespurte Bahnen gezwängt?

Der Spielraum schrumpft

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) bringt mit ihren Vorgaben unstrittig tiefgreifende Änderungen mit sich. Selbst die bisher schon berichtspflichtigen Unternehmen büßen nun ihre Wahlfreiheit ein, wie und worüber sie reporten: Die neu definierten European Sustainability Reporting Standards (ESRS) sind künftig als einziger Berichtsstandard verbindlich. Als Ort der Berichterstattung ist der Lagebericht vorgeschrieben. Zu publizieren ist jedes Jahr ein maschinenlesbares Format und der Inhalt ist nun prüfpflichtig wie der Jahresabschluss.

Unternehmen, die bislang nicht unter die Pflicht fielen, müssen künftig ganz neues Terrain beschreiten. Und das gilt für das Gros der Energieversorger in Deutschland. Eine bilderreiche Zusammenstellung grüner Projekte erfüllt die Vorgaben jedenfalls nicht. Vielmehr ändert sich mit der CSRD die gesamte Herangehensweise an das Thema und die Zuständigkeit im Unternehmen: Die Kommunikationsabteilung kann nicht mehr der maßgebliche Initiator und alleinige Umsetzer ein.

Nachhaltigkeit wird Chefsache

Mit der Verortung der Nachhaltigkeitsangaben im Lagebericht vollzieht sich ein Paradigmenwechsel: Die Nachhaltigkeitsberichterstattung wird damit der finanziellen Berichterstattung schrittweise gleichgestellt. Sie unterliegt nun ebenfalls der Publikationspflicht und wandert als Teil des Geschäftsberichts in die Datenbank des Bundesanzeigers. Das Resultat: Transparenz.

„Durch die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) wird Nachhaltigkeit zur Chefsache. Die Vorgabe zwingt zur regelmäßigen Berichtestattung und macht Nachhaltigkeit zu einer echten Lenkungsfunktion im Unternehmen.“

Diese neuen Regeln unterstreichen die strategische Bedeutung des Themas: Nachhaltigkeit wird Chefsache. Der Bilanzeid des Vorstands erstreckt sich jetzt ausdrücklich auch auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Nachhaltigkeit soll Lenkungsfunktion im Unternehmen erhalten, statt allein als farbenfrohes Aushängeschild nach außen zu fungieren.

Der Lagebericht als Spielstätte der Berichterstattung bringt auch mit sich, dass eher das Controlling federführend ist als die Unternehmenskommunikation. Denn Aussagen und Ziele müssen messbar sein und mit überprüfbaren Daten hinterlegt werden. Dass es in keinem Fall ein Alleingang einer einzigen Abteilung sein kann, dafür sorgen schon die inhaltlichen Vorgaben. Denn berichtet wird nur, was wesentlich für das Unternehmen und die Umwelt ist. Und das lässt sich allein im Team erarbeiten, unter Beteiligung nahezu aller Fachabteilungen im Unternehmen ­– und schließlich der Stakeholder.

Welche Rolle kommt dann der Unternehmenskommunikation hierbei noch zu?

Kommunikation jenseits der Pflicht

Im Kontext der Berichtspflicht übernimmt die Unternehmenskommunikation eine neue,  wesentliche Rolle: den Weg zur Nachhaltigkeit intern und extern publik zu machen.

Schon die interne Transformation, die die neue Berichtspflicht anstößt, bietet die Chance, von Beginn an kommunikativ begleitet zu werden: mit Interviews, Erfahrungen, Bekenntnissen, erreichten Meilensteinen und Vorhaben. Nach innen hat das zum einen die positive Wirkung, die Mitarbeitenden mitzunehmen und so deren Motivation zu erhöhen, das Projekt zu unterstützen. Und noch wichtiger: Nur so werden die Mitarbeiter befähigt, als wichtiger Botschafter nach außen zu wirken.

Extern übernimmt die begleitende Kommunikation ebenfalls neue zentrale Aufgaben: Sie sorgt dafür, Stakeholder auch unterjährig auf Stand zu halten, klärt auf, um Konflikten mit NGOs und verirrten Diskussionen in der medialen Öffentlichkeit entgegenzuwirken. Gerade jetzt, wo Vorwürfe des Greenwashing immer häufiger in die Schlagzeilen geraten und Aktivisten den zu langsamen Ausstieg aus der fossilen Energie anprangern, ist das eine wesentliche Funktion für die Reputation des Unternehmens.

Der Lagebericht steht im Bundesanzeiger – und jetzt?

Ist der finale Lagebericht erst publiziert, ist es Aufgabe der Unternehmenskommunikation, die Aussagen aus dem gesetzlichen Korsett wieder zu befreien. Sie dienen als Material für eine planvolle Kommunikationskaskade. Die wesentlichen Aussagen sollten auf allen Kanälen an alle relevanten Stakeholder-Gruppen und die breite Öffentlichkeit gespielt werden. Denn Transparenz bleibt theoretisch und das Potenzial verschenkt, solange die Kernbotschaften allein im Bundesanzeiger stehen. Die neue Kommunikationsrunde darf jetzt gern wieder bilder- und geschichtenreich sein. Doch gilt hier eine Regel: Kein Kommunikationskanal darf abweichende Botschaften zum publizierten Lagebericht mehr senden. Denn nur konsistente Kommunikation zahlt auf Glaubwürdigkeit und Reputation ein. Dafür bereitet die CSRD einen guten Boden.

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