Geschäftskorrespondenz-Tipp (22): "Ich kam, sah, siegte" – passt das Präteritum in beruflichen Schreiben? | trurnit Blog

Geschäftskorrespondenz-Tipp (22): "Ich kam, sah, siegte" – passt das Präteritum in beruflichen Schreiben?

2 gezeichnete Figuren, die über Brücken gehen

Ich will es nicht allzu spannend machen. Die Antwort auf die Frage lautet: Nein. Aber warum?

Im Deutschen gibt es mehrere Vergangenheitsformen. Eine davon ist die erste Vergangenheit, auch Imperfekt oder Präteritum genannt. Ein Beispiel: „ich schrieb“. Dann gibt es noch das Perfekt. Es wird im Deutschen mit einem der Hilfsverben „haben“ oder „sein“ gebildet. Dann heißt es: „ich habe geschrieben“.

Präteritum: abgeschlossen in der Vergangenheit

Die beiden Vergangenheitsformen haben unterschiedliche Funktionen. Das Präteritum wird in Berichten, Erzählungen oder Romanen verwendet. Es beschreibt Vorgänge, die in der Vergangenheit liegen und abgeschlossen sind: „Der Einbrecher lief nach den Schüssen weg“ – könnte zum Beispiel in einem Polizeibericht stehen. Oder eine Romanzeile könnte so lauten: „Die Dame sah dem eleganten Herrn traurig nach.“

Perfekt: mit Bezug zum Jetzt

Das Perfekt ist anders. Wir verwenden es in der gesprochenen Sprache: „Wir haben extra auf dich gewartet.“ Oder: „Warum haben Sie nicht angerufen?“ Merken Sie was? Richtig, das Perfekt stellt immer einen Bezug zur Gegenwart her. Es geht also um die Folgen dessen, was passiert ist.

Weil das Perfekt immer die Brücke in die Gegenwart schlägt, eignet es sich auch für die Geschäftskorrespondenz. Weil wir hier Ergebnisse, Tatsachen oder Prozesse präsentieren, die sich auf Leser:innen und ihre aktuelle, gegenwärtige Situation beziehen.

„Wie drückt man Vergangenes in beruflichen Schreiben richtig aus? Besser als das Imperfekt ist das Perfekt. Warum? Weil das Perfekt immer eine Brücke in die Gegenwart schlägt.“

„Wir haben Ihre Rechnung erstellt.“ – bedeutet also Wir haben die Rechnung fertiggemacht – und jetzt bekommen Sie sie! Dagegen: „Wir erstellten Ihre Rechnung.“ bedeutet einfach nur: Gestern erstellten wir eine Rechnung. Schön zu lesen, aber was hat das mit der Kundin zu tun?

Noch ein Beispiel: „Wir zogen um.“ beschreibt einen Umzug in der Vergangenheit. In unserer Korrespondenz interessiert Leser:innen allerdings vor allem die Auswirkung, die der Umzug auf die aktuelle Situation hat, nämlich: „Wir sind umgezogen. In unserem neuen Kundencentrum in der Müllerstraße sind wir gerne für Sie da.“

Hilfsverben stets in der ersten Vergangenheit

Gut zu wissen: Hilfsverben wie „müssen“, „können“ oder „wollen“ verwendet man nicht im Perfekt. Das heißt, wir sagen und schreiben nicht „wir haben gemusst“, sondern „wir mussten“, „wir konnten“ oder „Sie wollten“.

Übrigens: In Mittel- und Norddeutschland wird das Präteritum noch ab und zu in der Alltagssprache genutzt, ist aber immer mehr auf dem Rückzug. („Das sagte ich neulich auch zu Peter.“) Die Süddeutschen benutzen dagegen fast ausschließlich das Perfekt. („Das habe ich dem Peter neulich auch gesagt.“) Nägel mit Köpfen machen die Deutschschweizer. Sie haben das Präteritum und jede andere Zeit aus ihrer Sprache verdammt und beschränken sich überhaupt nur auf das Präsens und das Perfekt.

Die Eidgenossen als Vorbild nehmen

Mein Tipp: Machen Sie es in Ihrer Kundenkorrespondenz wie die Schweizer. Verwenden Sie für Ihre Verben das Präsens oder das Perfekt. Ihre Leser:innen werden es Ihnen danken.

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