Digital Brain (Teil 2): Wenn neue Technologien auf ein altes Gehirn treffen | trurnit Blog

Digital Brain (Teil 2): Wenn neue Technologien auf ein altes Gehirn treffen

Screenshot Google Eingabemaske

Mit der Digitalisierung verändern sich die Medien und ihre Nutzung rasend schnell. Mit diesem Tempo kommt aber unser Gehirn nicht mit. Was bedeutet das zum Beispiel für die Struktur und Gestaltung von Websites?

Anbieter, die es verstehen, die innovativen Möglichkeiten der digitalen Welt konsequent mit den Erwartungen und Wünschen des (alten) Kundengehirns zu verknüpfen, sind besonders erfolgreich. Wie muss zum Beispiel eine Website beschaffen sein, um die Ur-Bedürfnisse unseres Gehirns zu befriedigen?

Happy Web: kleine Belohnungen fürs Gehirn

Warum ist die Website von Google so erfolgreich? Natürlich weil wir schnell und einfach Antworten auf unsere Fragen und Suchen bekommen. Es gibt aber noch einen anderen Grund: Google schafft es, unserem Belohnungssystem immer wieder eine kleine freudige Überraschung zu servieren. Wie? Durch immer neue Varianten des Google-Logos, die Bezug auf aktuelle oder geschichtliche Ereignisse nehmen. Die Animationen bringen uns zum Schmunzeln, unsere Laune steigt.

„Die Digitalisierung verändert die Medien und ihre Nutzung rasant. Für das Gehirn ist das Tempo zu hoch. Was bedeutet das für die Gestaltung von Websites?“

Easy Web: das Flow-Gefühl der die leichten Bedienung

Wie einfach und leicht ist der Webshop zugänglich und bedienbar? Wie einfach ist die Orientierung? Da unser kognitives und emotionales System im Gehirn eng verwoben sind, führt kognitive Überlastung auch zu emotionalen Reaktionen, in diesem Fall zu Frust und Stress. Das Problem dabei: Bei Frust oder Stress leidet die Stimmung und die Kauflaune sinkt. Auch unser Denken verändert sich. Gut gelaunt ist unser Gehirn bereit, sich zu öffnen und mit neuen Kaufimpulsen zu beschäftigen. Das führt zu Zusatzverkäufen. Bei Frust und Stress verengt sich die Wahrnehmung und das Gehirn stellt sich auf Flucht ein. Hat man die Webwelt dagegen spielend im Griff, stellt sich das „Flow-Gefühl“ ein: Alles geht ganz leicht und die Stimmung ist beschwingt.

Care Web: da wird mir persönlich geholfen

Je selbsterklärender und einfacher das Webangebot ist, desto zufriedener ist der Kunde. Trotzdem kommt es vor, dass Fragen auftauchen und Antworten nicht auf der Website zu finden sind. Jetzt ist persönliche und schnelle Hilfe gefragt. Gute Websites haben eine deutlich sichtbare Hilfefunktion, die während des ganzen Kaufprozesses eingeblendet bleibt. Gute Hilfe erfolgt in der Regel über mehrere Ebenen und Kanäle. Das geht von der Telefon-Hotline, über Mail und FAQs bis hin zu Live-Chats oder Chatbots, die häufige Kundenfragen beantworten. Wichtig dabei: Der Kunde muss immer das Gefühl haben, dass dass er sofort Hilfe bekommt.

Trust-Web: fehlendes Vertrauen verhindert Käufe

Die größten Kaufverhinderer im Web sind fehlendes Vertrauen zum Anbieter, zum Produkt sowie – besonders wichtig – zur Zahlungsabwicklung. Während der Kunde im stationären Handel die Ware prüfen kann und sieht, wie seine abgezählten Scheine in der Kasse verschwinden, fehlen solche psychologischen Sicherheitsfunktionen beim Online-Kauf. Deshalb ist hier Vertrauensaufbau von enormer Bedeutung.

Zahlungs- und Datenvertrauen

Das größte, vom Kunden wahrgenommene Risiko ist nach wie vor die Bezahlung. Das Balance-System stellt folgende Fragen: Was passiert mit meinen Kunden- & Kreditkarten-Daten? Bekomme ich mein Geld zurück, wenn mir der Artikel nicht gefällt? Werden alle entstehenden Kosten angegeben? Da der Kunde weder dem Shopbetreiber in die Augen sehen kann noch Einblick in die im Hintergrund ablaufenden Prozesse hat, helfen anerkannte und unabhängige Prüfinstitutionen beim Vertrauensaufbau. Im Onlinehandel sind das bekannte und gelernte Prüfsiegel, etwa Trusted Shops oder TÜV.

Prozessvertrauen

Auch bei Informations- und Lieferprozessen gibt es viele Möglichkeiten, Vertrauen aufzubauen oder zu verlieren. Beim Bestellen will der Kunde wissen, ob die Ware auf Lager ist und wann sie kommt. Nicht eingehaltene Lieferzusagen zerstören Vertrauen schnell und nachhaltig. Deswegen zeigen gute Online-Shops beim Produkt an, ob der Artikel verfügbar ist und wann er beim Kunden eintreffen wird. Optimal ist eine Bestätigung der Lieferung am Vortag der tatsächlichen Zustellung. Natürlich passieren auch gut organisierten Webshops Fehler und Pannen. Aber dann kommunizieren sie sofort und lassen dem Kunden eine Nachricht zukommen.

Beratungsvertrauen

In der digitalen Welt fehlt der (vertrauenswürdige) Verkäufer oder Berater aus Fleisch und Blut. Der Kunde muss sich also auf Angaben des Online-Anbieters verlassen. Aus Erfahrung wissen Kunden aber, dass Anbieter gerne Vorteile betonen und Nachteile verschweigen. Hier schaffen Kundenrezensionen Glaubwürdigkeit – Käufer haben kein Verkaufsinteresse. Zudem wirkt der Herdeneffekt: Menschen orientieren sich unbewusst gerne am Urteil und Verhalten anderer Menschen. Besonders glaubwürdig wirkt eine User-Bewertung, wenn der Rezensent nicht anonym bleibt, sondern sich persönlich zu erkennen gibt. Natürlich wirken auch Testberichte anerkannter Prüf-Autoritäten wie Fachzeitschriften oder Stiftung Warentest vertrauensbildend.

Power-Web: bitte schnell ans Ziel

Das Gehirn will in der digitalen Welt so schnell wie möglich ans Ziel kommen. Lange Bildaufbau- und Antwort-Zeiten, umständliches Scrollen und sonstige Umwege oder Hürden gehen also gar nicht. Eine umständliche Zahlungsabwicklung etwa, bei der Daten mühsam eingetippt werden müssen, verursachen Unmut und häufige Kaufabbrüche. Die 1-Click-Bestellung für Stammkunden von Amazon dagegen ist ein Best Practice-Beispiel für das schnelle Power-Web.

„Wer die digitale Angebots-und Produktwelt konsequent aus der Sicht unseres Gehirns betrachtet, wird online erfolgreicher verkaufen.“

Autonomy Web: ich möchte selbst entscheiden

Aus dem emotionalen Machtsystem heraus erwächst eine weitere Anforderung an die digitale Welt: Autonomie. Kunden hassen es, wenn ihnen keine Wahl bleibt und lieben es, wenn sie Optionen angeboten bekommen – solange diese überschaubar bleiben. Das beginnt bei der Produktauswahl und setzt sich fort über das Bezahlen und den Versand. Lastschrifteinzug? Nachnahme? Kreditkarte? PayPal? Express-Versand? Normales Paket? Alle diese Wahlmöglichkeiten erzeugen beim Kunden den Eindruck, frei und autonom agieren zu können. Dieses Gefühl wertet das digitale Angebot insgesamt auf.

Das Erfolgsrezept für digitales Marketing

Wer die digitale Angebots- und Produktwelt konsequent aus der Sicht unseres Gehirns betrachtet, wird online erfolgreicher verkaufen. Das ist das Faszinierende an unserem langsamen alten Gehirn: Es kann über seine Ur-Bedürfnisse nachdenken und andere Hirne glücklich machen.

Hier können Sie Teil 1 dieses Blog-Artikels nachlesen.

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